KUNSTFORUM ST.CLEMENS
zeigt
HANS SALENTIN
vom 27.2.-28.3.2005
Die Jubiläumsausstellung zum 80. Geburtstag des Künstlers

 

Kurze Geschichte der Clemenskirche

In den Jahren um 1200 bis 1220 wurde die erste und für Jahrhunderte einzige Mülheimer Kirche als Annex-kirche der Buchheimer St. Mauritius-Pfarrkirche erbaut. Die Bürger von Mülheim, das zum Herzogtum Berg gehörte, erwarben ihren Lebensunterhalt neben der Landwirtschaft vorzugsweise als Schiffbauer und Fähr-leute; sie waren zu einigem Wohlstand gelangt, und so war wohl der Wunsch nach einer eigenen Kirche ent-standen, die dem Patron der Fischer und Schiffer, dem hl. Clemens geweiht wurde. Viele Kirchen an Fluss-ufern sind nach ihm benannt; auch die linksrheinische Kölner Kunibertskirche trug bis ins 13. Jahrhundert seinen Namen.
Der Ursprungsbau war eine einschiffige Saalkirche mit zwei Jochen, steilem Satteldach, (späterem) spitzen Dachreiter und halbrunder Apsis mit fünf kleinen Nischen, ähnlich dem Chor von St. Kunibert. Die nördliche Außenwand war durch Lisenen und Rundbogenfriese gegliedert (im Obergaden der Mittelschiffarkaden heute wieder sichtbar), die südliche durch Lisenen und rechteckige Blenden.

Die achthundertjährige Historie der Clemenskirche ist eine stete Abfolge von Bau und Zerstörung, Naturka-tastrophen, Kriegsschäden, Wiederaufbau und Renovierungen, die bis heute noch nicht abgeschlossen sind. Nur die wichtigsten Stationen ihrer Geschichte seien hier aufgeführt: 1269 wurde der erste Erweiterungsbau notwendig, da die Kirche inzwischen zu klein geworden war; wahrscheinlich wurde sie um ein Joch verlän-gert. Als St. Clemens nach dem dreißigjährigen Krieg einzustürzen drohte, ließ Joh. Jakob Lohe aus Mül-heim, Abt von Altenberg, 1692 einen Neubau unter Verwendung noch brauchbarer älterer Bauteile errichten. Wohl damals sind die letzten romanischen Reste unter Putz und Gewölben verschwunden. 1720 war die Kir-che bereits wieder zu klein. Zwei Seitenschiffe wurden angebaut, zunächst das nördliche, wenig später das südliche. Sie wurden gedeckt durch je drei quergestellte Satteldächer, die mit geschweiften Giebeln ab-schlossen. Für den Anbau der Seitenschiffe wurden die romanischen Mittelschiffwände mit großen Rundbo-genarkaden durchbrochen, die auf längsrechteckigen Pfeilern aufliegen. Diese trugen auch das eingezogene Kreuzrippengewölbe. Vermutlich wurde zu dieser Zeit auch der Turm im Osten errichtet, eines der selteneren Beispiele eines Chorturms im Rheinland. (Auf der Westseite stieß man bei Grabungen nach dem zweiten Weltkrieg auf ein sehr starkes Fundament mit bis zu zwei Meter dicken Mauern. Ob St. Clemens außer dem Chorturm auch einen Turm im Westen hatte, konnte damals aus Geldmangel nicht weiter untersucht werden.)
Bald war die Kirche wieder zu klein geworden für die rasch wachsende Bevölkerung Mülheims. Daher wurde 1754 im Westen eine kleine zweigeschossige Vorhalle angebaut, die nach den Kriegszerstörungen 1944 nicht wieder errichtet wurde.
Bereits 1755, nach einem schweren Sturm, wurden weitere Reparaturen notwendig. Der Turm erhielt im we-sentlichen seine heutige Form mit achtseitigem Aufbau, Kuppeldach und Laterne, ähnlich dem Turm der Köl-ner Jesuitenkirche. Auch eine Uhr wurde eingebaut, die erste öffentliche Uhr im Mülheim.
Mitte des 18. Jahrhunderts präsentierte sich die Clemenskirche fast so wie heute: eine dreischiffige Hallenkir-che mit vier Jochen, gerader Apsis, die sich kaum vom Langhaus absetzte, und Ostturm, rund 19 m lang und 13 m breit. Von außen bot sie ein relativ einheitliches barockes Bild. Im Inneren herrschte eine Stilmischung aus Romanik (Rundbogenarkaden), posthumer Gotik (Kreuzrippengewölbe, Spitzbogenfenster) und Barock (Altäre, Kanzel und Orgel).
Am 18.10.1944 legte der große Bombenangriff auf Mülheim die Clemenskirche bis auf einen Turmstumpf und die Außenmauern in Schutt und Asche. Der Wiederaufbau (1952-1960), im wesentlichen von Joachim Schürmann verantwortet, hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einiges wurde originalgetreu wiederher-gestellt, anderes ohne Not verändert oder weggelassen. So verzichtete der Architekt auf die Wiederherstel-lung der Gewölbe und zog im Sinne einer kompromisslosen Neo-Romanik eine flache Holzdecke ein. Die erhaltenen vorkragenden Kämpferplatten an Pfeilern und Diensten waren damit funktionslos geworden und sind nur noch sinnlose Relikte. Die barocken Schweifgiebel wurden nur an der Südseite erneuert; die Nord-seite, an der auch die Strebepfeiler wegfielen, erhielt einfache Dreiecksgiebel. Auch die Fenster, zumindest im Norden, dürften nicht originalgetreu sein. Es sind jetzt kleine romanische Rundbogenfenster, die nicht axial zu den Arkaden liegen. Die Südseite erhielt flache Spitzbogenfenster, deren gotisches Gabelmaßwerk durch ein Betonraster mit Glasbausteinen ersetzt wurde. Die westliche Vorhalle wurde nicht mehr aufgebaut, und auf die frühere Ornamentik des Westgiebels wurde verzichtet. Auch der Turm wurde nicht unwesentlich ge-ändert mit steilerem Kuppeldach und vom Original abweichender Laterne.
Von der ehemals reichen Ausstattung der Kirche – Hauptalter und zwei barocke Nebenaltäre sowie eine klei-ne Barockorgel – hat sich nichts erhalten. Der Bildhauer Heinz Gernot schuf den frei im Raum stehenden Altar aus römischem Travertin nach einem Entwurf von Werner Schürmann aus Dublin. Von diesem Künstler stammen auch das Altarkreuz, die Bronzeleuchter und das Bronzeportal im Westen. Außen zeigen die beiden Flügel den hl. Clemens im Bischofsornat, innen Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons. In die Bronze-flächen sind farbige Glassteine eingesetzt, die in der Abendsonne bunt aufleuchten.
Das einzige Farbfenster auf der Südseite des letzten westlichen Langhausjochs, geschaffen von der Künstle-rin Gerda Frömel aus Dublin, stellt die Marienerscheinung von Lourdes dar. Im südlichen Seitenschiff steht in einer Nische eine Barockfigur des hl. Sebastian. In den Löchern der Skulptur steckten früher die Pfeile, mit denen der Heilige getötet wurde. Die beiden kupfernen Wasserspeier auf der Südseite, zwischen den Schweifgiebeln, die vor der Zerstörung nicht vorhanden waren, stammen ebenfalls von Werner Schürmann.
Wie zu Anfang erwähnt, war die Clemenskirche nur eine Filialkirche von St. Mauritius in Buchheim. Obwohl Mülheim im Laufe der Zeit Buchheim an Bedeutung und Einwohnerzahl weit überflügelte – 1322 bereits er-hielt es Stadtrecht – änderte sich dieser Zustand nicht. Auch als 1414 der Buchheimer Pfarrer seinen Amts-sitz nach Mülheim verlegte, weil das kirchliche Leben sich mehr und mehr in St. Clemens abspielte, behielt die Clemenskirche rechtlich nur den Rang einer benedizierten Kapelle. Taufen und Bestattungen waren nach wie vor St. Mauritius als Pfarrkirche vorbehalten. Deshalb hat die Clemenskirche auch keinen Friedhof. Im dreißigjährigen Krieg war St. Clemens je nach Konfession der Besatzungstruppen wechselnd katholische, evangelische oder reformierte Kirche. 1795 verwüsteten napoleonische Truppen die Buchheimer Kirche so schwer, dass alle Gottesdienste nach St. Clemens verlegt werden mussten. 1830 wurde das verfallene Ge-bäude dann bis auf die Apsis und das erste Joch abgerissen. Heute dienen diese Reste als Friedhofskapelle des katholischen Kirchhofs in der Sonderburger Straße.
Nach der Zerstörung von St. Mauritius wurde die Clemenskirche 1803, fast 600 Jahre nach ihrer Entstehung, alleinige Pfarrkirche von Mülheim und Buchheim. Das blieb sie bis zur Einweihung der neugotischen Pfarrkir-che Maria Himmelfahrt (heute Liebfrauen) am 15.8.1865, dann sank sie wieder für 140 Jahre auf den Status einer Filialkirche zurück.
Die Neuordnung der Seelsorgebereiche, die zu Ende des 20. Jahrhunderts aus verschiedenen Gründen zwingend wurde, hob die Clemenskirche wieder auf ihren alten Rang: Seit dem 1.1.2005 ist sie Pfarrkiche der Gemeinden Liebfrauen, Herz Jesu und St. Elisabeth.
Die Clemenskirche stand ehemals auf einem steil gemauerten Sockel direkt am Flussufer. Ende 1953 wurde die heutige Rheinpromenade angelegt. Auf der Begrenzungsmauer vor der Westfassade von St. Clemens wurde 1935 eine Nepomukskulptur (Patron der Schiffer und Brücken) des Bildhauers Eduard Schmitz jun. aufgestellt. 1992 musste sie, da sie durch Umwelteinflüsse stark gelitten hatte, durch eine von Michael Pohlmann gefertigte Neufassung aus Granit ersetzt werden.

© Lisa Weyand


Blick ins das südliche Seitenschiff

Bilder im Südschiff von St.Clemens

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